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Dienstag, 23. April 2013

Philosophie des Weibs

Ausgeschämte, feile Dirnen bezaubern den Mann nach und nach; – sie ziehen ihn durch Buhlerkünste an sich, und wenn sie ihn einmal fest haben, so ist er auch gewiß schon verlohren.
Zum Sklaven machen sie ihn. Bald drohen sie, – bald reitzen sie, – bald zanken sie, – bald kriechen sie; – bis endlich der Kopf des Mannes zu einem Chaos von Leidenschaften wird, und er selbst zum Kinde zu werden anfängt.
Ein unbedeutendes Wesen kriecht er zu jeder Niedrigkeit, die seine Buhlerin von ihm fodert, und umarmt willig ihren Schatten, wenn sie es in natura zu erlauben sich weigert.
Er wimmert und seufzt bange um ihr Herz, und hat nicht genug gesunden Menschenverstand zu überlegen, daß sie keines habe. (1)
...
Warum aber sind die Männer nicht vorsichtig genug, unser Geschlecht zu prüfen? Und warum fängt dann auch ihre Leidenschaft gleich mit solcher Hitze aufzubrausen an?
Wenn ein niedliches Gesichtchen, ein leichter Gang – ein schlanker Wuchs – und eine kleine Dosis tändelnden Witzes – Dinge sind, die einen Mann bezaubern, so ist er schon weg, ehe er noch einen Blick in das Herz des Mädchens warf!
O gute Männer! wüßtet ihr nur, wie so mannigfaltig auch das Herz eines Weibs ist! – Grillen – eitle Wünsche – Eigensinn – Verstellung – Thorheit – und Bosheit wohnet darinn.(2)

Wohlgemerkt: Die Zitate stammen aus einem Buch das 1784 veröffentlicht wurde, fünf Jahre vor der Französischen Revolution.
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(1) Marianne Ehrmann; Philosophie des Weibs; 1784; Tobias Dannheimer, Kempten
(2) ebenda

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