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Mittwoch, 23. Februar 2011

Über die Aufstandbekämpfung

So befahl Assad, insgeheim, zwölftausend Soldaten um die Hauptstadt der Aufstands, Hamma, zu konzentrieren; das bedeutet eine ganze Division mit schwerer Artillerie. Als alles bereit war, schickte er kleine Einheiten auf Patrouille durch die Stadt, um die Aufständischen zu reizen und sie aus ihren Löchern zu locken. Und dann tat Assad, was man tun sollte, wenn man sich einmal für diesen Weg entschieden hat: Er ließ in drei Tagen schätzungsweise dreißigtausend Menschen niedermetzeln, Männer, Frauen und Kinder. Die große Moschee von Hamma, ein berühmtes Kulturdenkmal, ließ er dem Erdboden gleichmachen. Ich sprach vor einigen Jahren mit einem amerikanische Journalis-ten, der Hamma besucht hatte. Er erzählte mir, daß die Bewohner von Hamma bis heute ein Grauen packe, wenn sie dort vorbeigehen, wo einmal ihre Moschee stand. Wie tut man so etwas? Wie geht man vor, wenn man sich zu so einer schrecklichen Tat entschlossen hat? Es gibt dafür eine kurze Liste, die Grundsätze, die sie enthält, stammen nicht von mir, schon Macchiavelli hat sie formuliert. In der Politik, vor allem dann, wenn es um den Staat geht, ist es wohl manchmal notwendig, sehr grausam zu sein. Wer den Mut dazu nicht aufbringt, kann Disneyland regieren, mehr nicht. Nach welchen Prinzipien also hat Assat operiert?
  1. Treffe alle Vorbereitungen insgeheim, der Schlag muß aus blauen Himmel kommen und den Gegner plötzlich treffen. Verrate den Plan nicht, vertusche ihn, wenn nötig, lüge, um zu täuschen und um alles geheimzuhalten.
  2. Schlage hart zu, so hart, daß kein zweiter Schlag nötig wird. Wenn du zweimal zuschla-gen mußt, hast du schon verloren. Einmal muß reichen, bring lieber ein paar Gegner zu viel als zu wenig um.
  3. Die Schlacht darf sich nicht über Tage und Wochen hinziehen. Schlage also so schnell wie möglich, es kann nicht schnell genug gehen.
  4. Mach es öffentlich, versuche nicht, es zu vertuschen und zu verbergen und zu entschuldigen. Das ist der Stolperstein: Wer so getötet hat wie Assad, der kann im Nachhinein nicht sagen, ihn dauerten die die armen Kinder, die armen Frauen, das ganze vergossene Blut und die zerstörten Moscheen und Heiligtümer obendrein. So eine nachgeschobene Weichherzigkeit ist das dümmste und gefährlichste, was man tun kann. Die Botschaft muß anders lauten: Ich habe dies angeordnet und ausgerichtet, weil es notwendig war, und wenn es noch einmal notwendig wird, dann werde ich es nochmals tun.
  5. Zuletzt: Laß diese Greuel einen anderen erledigen. Wenn er scheitert, verstoße ihn und versuche etwas anderes. Welches sind nun die Kriterien, nach denen Assads Tat beurteilt wird? Assad ist an der Macht geblieben und nach achtzehn Regierungsjahren in seinem Bett gestorben.

Martin van Creveld; Militärhistoriker; Hebrew University, Jerusalem; Über die Terrorismusbekämpfung

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