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Montag, 19. Dezember 2011

Allmacht, Willkür, Freiheit

Es gibt keine andere Freiheit als jene, die ich mir im Leben, auf Arbeit, in der Familie und im Bekanntenkreis täglich neu erkämpfen muss. Gegen die Missgunst, den Neid und den Unwillen der Menschen, die ich mit Namen kenne und die mich im täglichen Tagwerk begleiten. Ich hasse sie nicht, weil ich die menschliche Natur zu verstehen glaube: Der Mensch ist, wie er ist. Ich pflege kein utopisches Menschenbild und das, was ich mir selber zugestehe, gestehe ich auch anderen zu: sofern sie sich - die Freiheit - gegen meinen Widerstand (meine Missgunst, meinen Neid und meinen Unwillen) zu erkämpfen vermögen. Es gibt in meinem Umfeld Menschen denen ich Freiheiten zugestehe, die ich anderen bei anderen niemals tolerieren würde.

Was hierzulande unter ‚Freiheit‘ verstanden wird, ist nichts anderes als ein abstrakter Begriff, der für mich nicht den geringsten Wert besitzt und auf den ich mich im täglichen Ringen um meine konkreten Freiheiten nicht einmal zu berufen vermag. Nichts ist lächerlicher als sich auf Rechte zu beziehen, die man nicht selber durchzusetzen vermag.

Dazu braucht man Geld oder Macht oder Mut. An allem gebricht es der Masse. So nimmt sie Zuflucht zu Geschichten, in denen virtuelle Hollywoodhelden jene Rollen übernehmen, die sie im konkreten Leben nicht auszufüllen vermögen.

Es mag paradox klingen, aber gerade die ‚schlimmsten‘ Diktaturen, bieten dem Einzelnen in der Regel die Chance zur größtmöglichen Entfaltung seiner persönlichen Freiheit, weil Diktaturen zur Willkür neigen und die Willkür, neben der Allmacht, der Inbegriff aller konkreten Freiheit selber ist. Die Freiheit gehört dem, der im täglichen Leben einen Zipfel davon zu ergreifen vermag. Alles andere sind bigotte Lügen.

Nichts ist schlimmer als die Tyrannei der gesichtslosen Masse, welche die Entfaltung der Persönlichkeit unter Behuf auf abstrakte oder universale Werte gewaltsam unterdrückt und die jede sich entfaltende Persönlichkeit unter Berufung auf die ‚Gleichheit‘ im Meer der ‚Nivellierung‘ ersäuft.

Ein Leben in der Meute ist nur dann erträglich, wenn man ein Anführer ist. Einer, der in der Lage ist seinen eigenen Willen zu entfalten, der nicht bereit ist, sich unter- oder beizuordnen. Einer der keinem Gesetz gehorcht sondern solche erlässt.

Wer hier scheitert kann sich nicht als Eremit oder Asket an den Rand der Welt zurückziehen und als Robinson Crusoe seinen eigenen Gesetzen folgen, statt sich Fremden zu beugen. Freiheit definiert sich nicht durch die Abwesenheit irgendwelcher Abhängigkeiten sondern vielmehr darüber wie es einer Person gelingt Abhängigkeiten zu dominieren, sie nach seinem Gusto zu gestalten. Herr über sich selbst ist man nur dann, und nur dann, wenn man Herr über Andere ist. Ein Herr wird Robinson Crusoe erst in dem Augenblick als Freitag seine Insel betritt und er ihn gefangen nimmt. Vorher ist Robinson nichts anderes als ein armer Tropf, der ständig Gefahr läuft so irre zu werden, wie Ben Gunn in Robisons Schatzinsel.

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