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Mittwoch, 1. Februar 2012

Vom Staatscharakter

Dass für Israel nicht dieselben Regeln gelten, denen sich andere Staaten beugen müssen, wurde erst jüngst wieder bestätigt. Ein israelisches Gesetz untersagt die Vergabe der israelischen Staatsbürgerschaft und ein Aufehaltensrecht an Palästinenser, die aus dem Gazastreifen und dem Westjordanland stammen. Das gilt auch, wenn sich Israelis mit Palästinensern durch Heirat verschwägern.

Wozu das Gesetz dient ist klar: Man will den 'jüdischen Charakter' des Staates bewahren.1,2 Na ja. Wäre zu fragen, was der ‚jüdische Charakter‘ überhaupt ist.

Religion? Rasse? Gene? Abstammung? Holocaust!

Nun haben 'Menschelrechtsaktivisten' gegen dieses Gesetz vor dem obersten israelischen Gerichtshof geklagt, weil es zum einen angeblich gegen die Verfassung und zum anderen gegen 'die Menschenrechte' verstößt.

Die israelische Verfassung kenne ich nicht, sie ist mir auch wurscht. Aber die Menschenrechte? Welche denn? Die von 1789 oder die aktuelle Version von 1948? Letztere von der UNO als Handlungsgrundlage in der Resolution 217 A (III) der Generalversammlung am 10. Dezember 1948 beschlossen. Eine andere Fassung kenne ich nicht. Von einem ‚Recht auf Familienzusammenführung‘ steht dort nichts. Ein Recht auf Heirat, das ja. Die wird aber nicht verboten, lediglich die Staatsbürgerschaft und das Aufenthaltsrecht wird verweigert. Es gibt in besagter Resolution weder ein universales 'Recht auf Staatsbürgerschaft', noch ein explizites 'Aufenthaltsrecht'. Auch über die Vertreibung hat die Geschichte ihr Urteil längst gefällt. Gäbe es ein Rückkehrrecht, so hätte die vertriebenen Deutschen als allererste einen Anspruch auf ihre verlorenen Ostgebiete.

Familienzusammenführung. Das Thema kannten die Deutschen auch. Immer wenn sich zur Leipziger Messe ostdeutsche Schlampen Frauen einen Wessi geangelt hatten, kam das Thema auf den Tisch des Staates, wurden Krokodilstränen vergossen. Dabei hatte die DDR gar nichts gegen 'Familienzusammenführung', sie verbot nur die Ausreise, nicht die Einreise. Wenn sich der westdeutsche Ehepartner in der DDR niederlassen wollte, er war herzlich eingeladen. Er hätte sogar die DDR-Staatsbürgerschaft bekommen. Dummerweise wollte die niemand. So wie verheiratete - meist palästinensische - Israelis keine Lust haben, im Gazastreifen oder im Westjordanland zu siedeln.

Die Klage wurde abgewiesen. Eine Überraschung, die in Bezug auf Israel keine ist. In ihrer Begründung erteilen die Richter den 'Menschelrechtlern' eine gehörige Maulschelle: Menschenrechte können keinen nationalen Selbstmord vorschreiben, sagte Richter Asher Grunis in seiner Urteilsbegründung.3 Da freut man sich für Israel und dessen Staatscharakter.

Darf man das Argument jetzt auch in Deutschland unter Behuf auf den ‚deutschen Charakter‘ des Staates verwenden? Nur, was ist der deutsche Staatscharakter? Ist der deutsche Staat möglicherweise schon so charakterlos, das man sich darauf besser nicht berufen sollte?
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(1) Baseler Zeitung; Israel will mit Zaun «jüdischen Charakter des Staates» erhalten
(2) BBC; UN blasts Israeli marriage law
(3) BBC; Israel upholds citizenship bar for Palestinian spouses

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