Seiten

Sonntag, 19. Februar 2012

Libysche Revolutionsfolklore

"50.000 Menschenleben hat der Krieg in Libyen vernichtet. Bei sechs Millionen Einwohnern hat fast jede Familie einen Toten zu beklagen. Die Zahl der Vermissten wird auf mindestens 40.000 geschätzt."1
Macht summa summarum 90.000 Opfer. Das entspricht 1,5 Prozent der libyschen Bevölkerung. Die meisten Opfer dürften junge wehrfähige Männer sein. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung eines Landes beträgt üblicherweise um die zwei Prozent. Die 40.000 Vermissten dürften Opfer diverser Säuberungsaktionen sein, eine recht hohe Zahl. Das macht das Ausmass des libyschen Bürgerkrieges deutlich. Der offenbar weiter schwelt:

Spätestens hier brechen wir ab, verabschieden uns und kehren zurück aus der Unterwelt. Die Oberwelt erscheint einem beim Ausstieg aus der Luke aber auch ziemlich durchgedreht und absurd, weil ein paar Milizionäre in einem Jeep gerade über Bab al Azizias Ruinenfeld rasen und ein bisschen in der Gegend rumschießen. Fast täglich kommt es in Tripolis und anderen Städten zu solchen Szenen, und nie läßt sich mit Sicherheit sagen, was da gerade geschieht. Mal ist es Revolutionsfolklore, mal ein Streit in der Nachbarschaft. Mal geraten rivalisierende Milizen aneinander, mal verfeindete Stämme.

"Revolutionsfolklore"? Zwölf Monate nach dem Sturz Gaddafis? Man ahnt an Hand solcher Zeilen, was in Libyen wirklich vorgeht. Zumal sich auch die NGOs, die sonst großzügig über solche hinweg sehen, wenn es um "Demokratie und Freiheit" geht, sich zu lahmen Protesten genötigt sah.3
___
(1) Gaddafis Schatten hängt weiter über Libyen; tagesschau.de
(2) Bild: Angeblich erschossene Gaddafi-Anhänger in Sirte
(3) SPON; Gaddafis Stimme schweigt

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen