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Dienstag, 3. April 2012

Beruf verfehlt

"Es war ein erschreckendes Stück Zeitgeschichte: Für den Film „Der Sturz – Honeckers Ende“ hatte Margot Honecker zum ersten Mal ihre Türen für ein Fernseh-Interview geöffnet. Was die Witwe des letzten DDR-Machthabers Erich Honecker dabei von sich gab, war nur zu ertragen, weil der Dokumentarfilmer Eric Friedler die Aussagen gekonnt mit denen anderer Zeitzeugen und historischen Aufnahmen gegenschnitt. Mauertote seien selbst schuld an ihrem Tod, Zwangsadoptionen habe es nie gegeben und Michail Gorbatschow sei ein Lügner, verbreitete die ehemalige Bildungsministerin der DDR.1"

Die ganze Diktion des Artikels finde ich zum kotzen. Es wimmelt nur so von gefühlsbetonten Adjektiven: "erschreckend', "verhöhnend", "abstrus"' "schwer erträglich".  Wenn Frau Baumann Personen der Zeitgeschichte schwer erträglich findet, dann hat sie, wie so viele ihrer Zunft, ihren Beruf schlicht und ergreifend verfehlt.

Denn nicht das wertende Urteil ist ihr Job, sondern die objektive Dokumentation.2 Margot Honecker war und ist eine Person der Zeitgeschichte. Ob das dieser journalistischen Knalltüte nun gefällt oder nicht. Ich ging zur Schule als diese Frau Volksbildungsministerin war, ein groß Teil dessen, was ich heute bin, verdanke ihr. Wenn auch ungewollt. Mich interessiert, was aus dieser Frau geworden ist und wie sie heute denkt. Ich hege keine Hassgefühle, ich empfinde kein Mitleid, alles was mich treibt, ist intellektuelle Neugier.

Der Artikel macht es schwer, diese zu befrieden, wenn man die Dokumentation selber nicht gesehen hat. Statt dessen lässt die Autorin ihre privaten Befindlichkeiten heraushängen, dabei sollte es um Margot Honecker und nicht die Gefühle einer unbedeutenden Journalistin gehen, die sie sehen der Sendung überkommen, wie der Orgasmus beim Sex. Der Artikel ist vollkommen frei Argumenten, dafür voller Emotionen - die der Autorin. Ich bin es wirklich leid, derartigen Mist zu lesen, der mich immer mehr an jenen erinnert, den ich in der DDR vorgesetzt bekam. Das Fernsehen habe ich aus diesem Grunde schon abgeschafft, es wird Zeit das man sich von restlichen Mainstreammedien abnabelt.

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(1) Verknöcherte Alt-Sozialistin in Chile: Die abstruse Welt von Margot Honecker; FOCUS Online
(2) Kommentare? Sicher. Aber von Leuten, die deshalb etwas zu sagen habe, weil eine Lebensleistung dahintersteht. Helmut Schmidt muss man ernst nehmen, aber eine Nina Baumann? Was hat die vorzuweisen? Soll sie einen Blog betreiben, aber nicht eine unabhängige Journalistin mimen. Heute fühlt sich jeder jeder Volontär im ersten Monat bemüßigt, der Welt seine Sicht der Dinge mitzuteilen. Die Zeitungen sind voll von solchen Sinnlosgelaber.

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