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Donnerstag, 3. Mai 2012

Brutal vergewaltigt

"Weltweit verschwinden die Insekten. In der Folge sinken die Erträge von Äpfeln, Erdbeeren und anderen Nutzpflanzen. Und die Preise ziehen an, rechnen Wissenschaftler vor."1

Das weltweit Insekten verschwinden2, höre ich heuer zum ersten Male. Den Beweis für diese Behauptung holen sich „die Forscher“ über den gemittelten Preisanstieg solcher Früchte, die von der Bestäubung durch Insekten abhängig sind. Da die Teuerung in dieser Sparte besonders drastisch ausfällt, wird diese als Indikator für ein Insektensterben interpretiert. Das wäre „messerscharf“ geschlussfolgert, wenn nicht ungezählte andere - und völlig unkalkulierbare - Faktoren Einfluss auf die Preisbildung bei Zitrusfrüchten nehmen würden. Doch die finden, wenn ich den dürren Artikel richtig verstehe, nicht einmal Ansatzweise Erwähnung, wenngleich sie notwendige Randbedingungen für die Plausibilität eines derart komplexen Models wären.3

Die Launen von Börsenspekulanten sind bei der Preisbildung auf Warenterminbörsen ein verlässlicher, wie starker Korrelationskoeffizient. Die zeichnen - beispielsweise - mit einiger Sicherheit für die Preiskapriolen auf dem Sojabohnenmarkt verantwortlich. Ganz ohne Insekten, denn die Sojabohne ist ein Selbstbestäuber.

Die aufgezeigten Schlussfolgerungen sind aus meiner Sicht hoch zweifelhaft, woran allerdings nicht die Statistik Schuld trägt, sondern nur diejenigen, die sie so brutal vergewaltigen.
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(1) Zitrusfrüchte bis zu 150 Prozent teurer: Insektensterben treibt Lebensmittelpreise in die Höhe; FOCUS Online
(2) Bisher war nur von einem Bienensterben die Rede, die Weiterung auf "Insekten" ist neu. Zugegeben "Insektensterben" klingt dramatischer. Wobei ich nicht in Frage stellen will, das die dramatische Zunahme der Weltbevölkerung eine signifikante Ursache für das Artensterben ist.
(3) Apropos Plausibilität: Weniger Insekten, weniger Bestäubung, weniger Früchte, folglich höhere Preise. Das wäre eine logisch nachvollziehbare Kausalkette. Allerdings, Missernten sind nicht bekannt.

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