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Freitag, 24. Juni 2011

Ein zahnloser Tiger

"Barack Obama will das Jahrzehnt der Kriege beenden. Die USA wollen sich mehr um sich selbst kümmern. Das bedeutet: Europa muss mehr für die eigene Sicherheit tun.1"

Wenn sich die USA zurückziehen und sich nicht mehr überall einmischen - gut.

Wieso aber ist Europa nur bedingt "abwehrbereit"? Wer hat "Europa" angegriffen? Die Serben? Die Afghanen? Die Iraker? Die Libyer? Die Afrikaner?

Die Wahrheit ist, Europa wird nicht bedroht. Europa bedroht andere, indem es überall dort interveniert, wo es seine Interessen oder die der USA in Gefahr sieht. Dass dies unter dem Vorwand geschieht, Mädchenpensionate errichten zu wollen, statt aus geostrategischen Erwägungen heraus zu handeln, um die eigene Rohstoffversorgung dauerhaft zu sichern und um den Einfluss der vorrückenden Chinesen einzudämmen, ist ein Aberwitz, der den kafkaesken Befindlichkeiten deutscher Politspießer geschuldet ist.

Wenn Europa ohne die USA nicht in der Lage ist, seine Interessen militärisch zu abzusichern, weil es seine Armeen systematisch kastriert, dann wird die EU in Bälde als zahnloser Tiger verlacht. Schon der dilettantische Angriff auf Gaddafi deckt die militärische Schwäche der Europäer auf, wenn sie gezwungen sind, ohne direkte Unterstützung der USA zu agieren. Hinter dieser Kulisse wirken die Drohungen Sarkozys gegen Syrien und andere Despoten höchst lächerlich. Selbst angedachte Sanktionen gegen Assad bedürfen einer militärischen Blockademacht, wenn sie wirksam sein sollen. Derweil verschrottet die einzig ernst zu nehmende europäische Seemacht, Großbritannien, ihr Flaggschiff und dezimiert die Flotte.

Europa wird bald merken das der universalistische Führungsanspruch ohne Kanonen und Panzer nicht das Papier wert ist, auf dem die europäische Hybris formuliert wurde.

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(1) Truppenreduzierung: Das amerikanische Imperium ist kriegsmüde; WELT ONLINE

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