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Freitag, 4. Mai 2012

"Kaiserkrieger" - ein Verriss

Jede Art von Literatur hat ihre Zeit. Die schwere ebenso, wie die kurzweilige. Da ich im Krankenhaus es eher schwer hatte, nahm ich mir leichte Bücher mit, in der Hoffnung das mein von Schmerz gequälter Körper hierin etwas Ablenkung findet. Auf meinem Kindle fand sich der Fortsetzungsroman "Kaiserkrieger" eines gewissen "Dirk van den Boom" aus dem Hause "Atlantis", dessen Überbau deshalb so schnell erzählt ist, weil er wenig originell oder einmalig ist.

Der kleine deutsche Kreuzer "Saarbrücken" dampft kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges in Richtung einer deutschen Kolonie, gerät in eine Nebelbank und findet sich unversehens im Mittelmeer der Antike wieder, in einer Zeit, in der das weströmische Reich nur ein Dezennium vor dem Untergang steht.

Was tun mit den überlegenen Waffen, dem technologischen, wie historischen Wissen einerseits und der fehlenden technologischen Basis anderseits? Das römische Reich retten. Natürlich - was sonst?

Immerhin, die Reichsidee, schon beerdigt und begraben geglaubt, scheint neuerdings fröhliche Urstände zu feiern. Wer allerdings einen konservativen oder gar reaktionären Fortsetzungsroman erwartet, der wird bitterlich enttäuscht. Denn statt das Thema politisch aufzugreifen, wird es technokratisch abgehandelt. Ganz im Sinne des herrschenden Zeitgeistes, der meint, man könne jedes politische Problem technologisch lösen. So verlegt der Autor die industrielle Revolution – dank kaiserlich-deutschen „Know How“ – in die römische Antike und beschreibt akribisch, wie es durch Dampfmaschinen und andere diverse Neuerungen gelingt, den Untergang Westroms abzuwenden. Schade, denn das Thema hätte mehr hergeben.

Mitte der achtziger Jahre begann die DDR mit dem Import westlicher Hochtechnologien in Form von sogenannten „Konsumgütern“. Das Politbüro tat dies, um das bereits marode und vor sich hin siechende System zu stabilisieren. Eine technokratische Antwort auf die tiefgreifende System- und Sinnkrise des „real existierenden Sozialismus“. Indes, das genaue Gegenteil trat ein: die Bürger begriffen sehr viel besser, dass die DDR trotz aller Anstrengungen niemals in der Lage sein würde zum Westen aufzuschließen. Als schließlich 1989 die Mauer fiel und die DDR mit technologischen Wundern überschwemmt wurde, da verschärfte sich die politische Krise des Staates binnen Wochenfrist drastisch, hörte der Staat und mit ihm das System de facto auf zu existieren. Schon im Jänner 1990 sprach niemand mehr vom „Sozialismus mit menschlichen Antlitz“.

Man kann diese Vorgänge durchaus als Analogie begreifen, um die Dimension historischer Prozesse verständlich zu machen, so aber bleibt das Konzept auf WIKIPEDIA-Niveau stecken, wozu die recht langatmig geratenen Geschichtslektionen nicht unwesentlich beitragen.

Wer darüber hinaus noch mit feministischen Attitüden, höchst überflüssigen Toleranzgeschwafel und einem gehörigen Maß antichristlicher Vorurteile zugetextet werden will, dem sei der Fortsetzungsroman angeraten. Alle anderen sollten ihr Geld für die wirklich wichtigen Dinge aufsparen.

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